23C; Rep. 23C Niederlausitzische Stände (Bestand)

Archivplan-Kontext


Angaben zu Inhalt und Struktur

Titel:Rep. 23C Niederlausitzische Stände
Vorwort:Geschichte

Die Ausbildung der Stände in der Niederlausitz fällt ins 15. Jahrhundert, nachdem im Spätmittelalter die Macht der Partikulargewalten, insbesondere des Adels und der Städte, gestärkt worden war. Der ständige Herrschaftswechsel und dauernde Geldverlegenheit der jeweiligen Landesherren verminderte den Umfang des landesherrlichen Besitzes und der landesherrlichen Rechte zugunsten der Stände, hauptsächlich des grundherrlichen Adels. Bereits im 14. Jahrhundert spielten einzelne Stände eine politische Rolle; ein Auftreten als geschlossene Korporation („Landschaft“) ist jedoch erst seit 1411 nachweisbar. Prälaten, Herren (Besitzer der Herrschaften), Ritter (Besitzer der Rittergüter) und Städte (seit 1505 nur vier Immediatstädte: Calau, Guben, Luckau und Lübben) bildeten die Stände. Ein geregelter Geschäftsgang fehlte noch; sie traten in allgemeinen Versammlungen, den Landtagen, zusammen, die im 15. Jahrhundert meist in Luckau, seit dem 16. Jahrhundert meist in Lübben tagten. Der Aufgabenkreis der Stände war im 15. Jahrhundert noch nicht eindeutig bestimmt, erweiterte sich jedoch bei der Schwäche der landesherrlichen Macht auf der Basis des ständischen Steuerbewilligungsrechtes stetig. Nach der Erwerbung der Niederlausitz durch die Habsburger 1535 erreichte die Macht der Stände ihren Höhepunkt. Das ständige Geldbedürfnis des Landesherren ausnutzend, erlangten sie den maßgebenden Einfluss auf die Besetzung der obersten Beamtenstellen. 1570 setzten sie das Indigenatsrecht für den Landeshauptmann, 1598 das Indigenats- und Präsentationsrecht für den Landvogt durch. Die innere Landesverwaltung lag im wesentlichen in den Händen der Stände.
Nach Durchführung der Reformation in der Niederlausitz verschwand der Prälatenstand; der Abt von Neuzelle als Vertreter des einzigen nicht säkularisierten Klosters schloss sich dem Herrenstand an. Es fanden regelmäßige Landtage statt, und in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entwickelte sich eine ständische Verwaltung. Es entstanden ein größerer und ein engerer Ausschuss. 1574 wurde das Amt des Landsyndikus eingerichtet. Neben ihn trat 1621 zur Unterstützung der Landesbestallte. Landsyndikus, Landesbestallter und Landessekretär (seit 1668) bildeten die ständische Kanzlei, die Landesexpedition. Daneben gab es die Landesobersteuerkasse, an deren Spitze ein Obersteuereinnehmer stand. Im 30-jährigen Kriege erfolgte die Ausbildung einer ständischen Kreisverwaltung (seit 1625 Landesälteste, seit 1640 Landesdeputierte).
Nach dem Übergang der Niederlausitz an Sachsen 1635 erfuhr die Organisation der Stände einen gewissen Abschluss. 1645 gelang es ihnen, die Abhaltung von zwei Landtagen jährlich durchzusetzen, die auf Antrag der Stände vom Landvogt, seit 1666 von der Oberamtsregierung ausgeschrieben wurden. Daneben gab es außerordentliche Landtage und ständische Ausschusssitzungen. Die Landtagsordnung von 1669 bestimmte den Geschäftsgang und den Geschäftskreis der Landtage. Der Landtag bestand aus drei Kurien: der Herrenkurie (Stift Neuzelle, Besitzer der Herrschaften Dobrílugk, Friedland, Schenkendorf, Forst-Pförten, Sorau, Spremberg, Leuthen, Sonnewalde Drehna, Straußitz. Lieberose, Lübbenau und Amtitz), der Ritterkurie, zur der auch die Offiziantentafel gehörte (Landesälteste, Landesdeputierte, Landesobersteuereinnehmer und Landsyndikus) und der Städtekurie (Immediatstädte Calau, Guben, Luckau und Lüben).
Währen der Zeit der Zugehörigkeit der Niederlausitz zur sächsischen Nebenlinie Merseburg (1657 – 1738), die eine gewisse Stärkung der landesherrlichen Macht mit sich brachte, behaupteten die Stände trotzdem ihren Einfluss. Sie sicherten sich ein weitgehendes Beschwerderecht (Landesgravamina), das Mitspracherecht bei territorialen Veränderungen, das Steuerbewilligungs- und –erhebungsrecht, das Präsentationsrecht für die Oberamtsregierung, das Konsistorium und das Landgericht sowie die Mitwirkung bei der Rechtspflege, Polizei und interne Verwaltung. Während es dem Landesherrn in dieser Periode gelang, die Städte seiner Oberaufsicht zu unterstellen (1687 Oberaufsicht der Landeshauptmannschaft über Ökonomie- und Rechnungswesen, 1716 Oberaufsicht der Oberamtsregierung über Polizeiwesen der Kreisstädte), blieben die Vorrechte und Privilegien des Adels erhalten. Im 18. Jahrhundert war die Niederlausitz als Nebenland Sachsens ein Land weitreichender Ständeherrschaft.
Die Niederlausitzer Stände entfalteten im 18. Jahrhundert, ähnlich wie die brandenburgischen, neben ihren staatlichen Funktionen eine umfangreiche Tätigkeit auf dem Gebiet des Versicherungs-. Armen und Medizinalwesens. 1730 wurde eine Brandkasse eingerichtet, 1765 eine Brandversicherung gegründet. 1747 wurde das Zucht- und Armenhaus Luckau angelegt; 1776 kam ein Waisenhaus dazu. 1797 erfolgte die Gründung eines Irrenhauses in Luckau, das 1812 nach Sorau verlegt wurde, 1801 die eines Landarmen- und Arbeitshauses in Sorau, 1793 wurde ein Hebammenlehrinstitut in Lübben gegründet.
Nach dem Übergang der Niederlausitz an Preußen verloren die Stände ihre staatlichen Funktionen, behielten jedoch ihre wirtschaftlichen und sozialen Vorrechte. Ihr Aufgabenkreis verringerte sich, sie mussten die innere Landesverwaltung, ihre Einrichtungen und das Steuerbewilligungs- und -erhebungsrecht (1836) aufgeben. Die Stände wurden im Zusammenhang mit der ständischen Gesetzgebung Preußens seit 1823 als Kommunalstände neugestaltet. Ihr Organ war der Kommunallandtag. Die ständischen Behörden reduzierten sich durch die neue Entwicklung. Die Ausschüsse wurden durch die 1806 gegründete Landesdeputation abgelöst, die die laufenden Geschäfte besorgte. 1816 wurden das Amt des Landesältesten verstaatlicht und 1829 das Amt des Obersteuereinnehmers, 1836 das der Landesdeputierten abgeschafft. Die Stände verlegten das Schwergewicht ihrer Tätigkeit auf das Armen- und Kreditwesen. 1824 wurde die Provinzial- bzw. Hauptsparkasse der Niederlausitz gegründet. Die Provinzialordnung von 1875 nahm den Ständen den größten Teil ihrer Aufgaben; 1878 gaben sie das Landarmenwesen auf. Ihnen blieben nur noch das Kreditwesen und einige kulturelle Aufgaben (Archiv, Bibliothek). In Resten erhielten sich die Kommunalstände der Niederlausitz bis 1945. Zwar waren in der Zeit der Weimarer Republik Auflösungsverhandlungen geführt worden, die jedoch an der Vermögensauseinandersetzung zwischen Staat und Ständen scheiterten. 1938 wurde ein Staatskommissar für die Verwaltung und Vorbereitung der Auflösung der Stände eingesetzt, aber erst der Umbruch von 1945 brachte ihre endgültige Beseitigung.

Bestandsgeschichte

Ein ständisches "Archiv" entstand erst seit 1664 in dem ständischen Landhaus. Vorher wurden die Archivalien der Stände mit bei der landvogteilichen oder Oberamtskanzlei aufbewahrt. Die Archivalien der Stände befanden sich bis 1958 im "Ständischen Archiv", dem späteren Landesarchiv in Lübben. 1925 – 1928 wurden sie vom ständischen Archivar Martin Stahn geordnet und verzeichnet, der 1939 ein Inventar veröffentlichte. Der Bestand wurde 1958 in das BLHA überführt und unter Herauslösung der Provenienz Hauptsparkasse Lübben als Rep. 23C aufgestellt. Ein Teil der im zweiten Weltkrieg ausgelagerten Bestände, 176 Urkunden (1370) 1411 – 1853, befand sich bis 1987 zunächst im Staatsarchiv Göttingen, später im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin. 1963 wurden aus dem Deutschen Zentralarchiv, Abteilung Merseburg, restliche Urkunden der Stände übernommen.

Zur Geschichte des Archivs des Stände siehe Martin Stahn, Das Niederlausitzische Landesarchiv in Lübben, Strausberg (1927–) 1939, S. XIII - XXIII; hier auch S. 365-384 Personalverzeichnisse der Landesbeamten der ständischen Verwaltung im Markgraftum Niederlausitz.
 

Benutzung

Erforderliche Bewilligung:Keine
Physische Benützbarkeit:Uneingeschränkt
Zugänglichkeit:Öffentlich
 

URL für diese Verz.-Einheit

URL: http://blha-recherche.brandenburg.de/detail.aspx?ID=1711959
 
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